Freitag, 1. Mai 2015

Fotoprojekte

Jedem engagierten Fotografen kann ich nur empfehlen mal ein Fotoprojekt anzugehen. Wirklich eine tolle Erfahrung. Damit meine ich gar nicht unbedingt das Event einer Ausstellungseröffnung, sondern viel mehr den Prozess, der mit solch einem Projekt verbunden ist. 

 © R. Cremer

Begonnen hat das Ganze bei mir mit einer Idee: "Da ist etwas, das ist bald nicht mehr da." In diesem Fall handelte es sich um die Oxford-Kaserne in Münster, die zum Zeitpunkt der Überlegung seit etwa einem viertel Jahr verlassen war. Aber natürlich gibt es viele andere Fragestellungen und anderer Anknüpfungen für ein Fotoprojekt. Wichtig ist zu diesem Zeitpunkt aber erst einmal das eigene Interesse an dem jeweiligen Thema. 

Was dann passiert sind zwei Dinge: Erstens Anbahnung der praktischen Durchführung und zweitens schärfen der Aussage...
Zur Durchführung ist zu klären, was brauche ich an Ausrüstung, wen muss ich fragen, welche Erkundigungen muss ich einholen etc.. Da Fotoprojekte für andere (also die späteren Betrachter der Bilder) insbesondere dann spannend sind, wenn sie etwas zeigen, was der Betrachter vorher noch nicht oder nicht so gesehen hat, sollte man sich von abgeschlossenen Türen nicht abschrecken, sondern anspornen lassen. Es gibt bestimmt jemanden, der einen Schlüssel hat, man muss nur fragen. Bei mir war es ein Wachmann, dann die Schließgesellschaft und schließlich eine Behörde in Bonn. Und wenige Telefonate, Mails und Faxe später hatte ich auch 'schon' eine Betretungserlaubnis.

Während ich noch mit der praktischen Vorbereitung beschäftigt war, habe ich versucht mein Thema weiter zu schärfen. Welche Relevanz könnten die Bilder für mich und für andere haben. Eigentlich komme ich ja aus der Personenfotografie und Bilder von toten Gebäuden sind mir eher suspekt. Warum will ich es trotzdem versuchen? Wie schon erwähnt der erste Ansatz war die Vergänglichkeit des Moments, die Zwischenzeit. Es hat recht lange gedauert, bis ich ein weiteres - für mich noch viel spannenderes - Leitthema gefunden hatte: Der Zwischenraum. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits die ersten Bilder gemacht. Aber erst als ich diesen weiteren Aspekt für mich erschlossen hatte, wurde das Projekt rund.

 © F. Wesselmann
So gesehen, kann ich nur empfehlen, ein Projekt schon mal zu beginnen, auch wenn man noch nicht ganz genau weiß, wie man es sich schlussendlich erschließt. Ich hatte immer das Gefühl, dass es sich um ein Projekt mit Potenzial handelte, aber dieses Potenzial zu erschließen das war echte Kopfarbeit. Entsprechend viel Zeit sollte man für ein solches Projekt einplanen. Nicht alles ist vorhersagbar. Das Fotografieren ist der kleinste Teil. Es gibt unter Umständen einiges zu organisieren, zu fotografieren (vielleicht benötigt man bestimmtes Licht oder Wetter) und auch für die Nachbearbeitung sollte man sich angemessen Zeit nehmen. Bei mir war z.B. das Entwickeln eines entsprechenden Farb-Profils ein unerwartet mühsamer und zeitaufwändiger Prozess.

Je nachdem, wie das Ergebnis aussehen soll, ist die Präsentation dann der letzte Schritt: Es muss ein Fotobuch erstellt oder eine Ausstellung organisiert werden. Dabei ist zu beachten, dass ein Ausstellungsort ja in der Regel auch anderweitig genutzt wird. Entsprechend sind Absprachen mit dem Betreiber zu treffen. 

 © T. Cremer
Auch die Anfertigung von Abzügen und das Aufhängen der Bilder ist nicht mal eben so nebenbei erledigt. In meinem Fall z.B. hatten wir uns für das Aufbringen der Bilder auf Holzplatten entschieden. Nun sollten die Bilder über die Kante geklebt werden, wie man das von Leinwanddrucken her kennt. Böses Detail: Damit gehen auf jeder Seite 3 cm vom Bild verloren. Die Frage, wo ich die fehlenden Zentimeter herhole, hat mich ein ganzes Wochenende gekostet. Am Ende war ein Vorlauf von 4 Monaten nur für die Ausstellung gar nicht mal übertrieben - zumindest, wenn man ansonsten Vollzeit arbeiten muss.

Warum sollte man also solch ein Fotoprojekt überhaupt durchführen, wenn es doch offensichtlich so viel Arbeit bedeutet. Zum einen wegen der Eröffnungsfeier. Wir hatten Reden, Sekt, Jazz-Musik und ungeheuer viele nette Leute, die gekommen waren. Alleine solch ein Nachmittag, ist schon super. Daneben hat mich die Auseinandersetzung mit mir selbst, dem Thema und insbesondere auch mit anderen Fotografen, Hausmeistern und Besuchern als Fotograf weiter gebracht. Mit dieser Erfahrung kann ich euch daher nur empfehlen, auch mal ein Fotoprojekt anzugehen. Es muss ja auch nicht gleich so groß sein - oft reicht auch schon eine kleine Serie mit der man etwas zum Ausdruck bringt und aus der man dann ein kleines Buch oder einen Kalender fertigt. Viel Spaß dabei.

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